Vesuvio Solo aus Montréal nehmen uns mit auf eine Spritztour durch Soft-Rock und Sophisticated Pop, um der Dunkelheit zu entkommen. Springen wir auf und lassen wir uns beflügeln!
Zeit ist schon etwas Merkwürdiges: Wir sind zwar ständig mit ihr konfrontiert und bewegen uns immer in ihr, aber können sie letztendlich doch nicht wirklich erfassen. Erst wenn wir uns freiwillig oder unfreiwillig verändern, um uns herum etwas abläuft – und sei es nur, dass im Herbst die Blätter fallen – oder wir uns von der Stelle bewegen und sich dadurch unsere Horizonte und Grenzen verschieben, können wir uns ihrer bewusst werden.
Musterbeispiele dafür: Die Reise. Das Unterwegssein. Und beides wollen wir zwar gelegentlich, aber dann doch lieber: nicht alleine. Die Band Vesuvio Solo aus Montréal, gegründet von Thom Gillies und Cam MacLean, die seit ihren Teenagertagen zusammen Musik schreiben, holt uns deshalb ab und nimmt uns ganz einfach mit auf eine kleine Spritztour.
Ihre gleitende und geschmeidige Musik legt es wirklich sehr nahe, das Bild einer Autofahrt zu wecken, wie sie auch im Video zu ihrer Single «Don’t Leave Me In The Dark» inszeniert wird. Es ist dunkel, die Straßen sind leer. Umgebung stört ja doch nur und wird gleich vollständig ausgeblendet. Die komplette Außenwelt wird durch die Musik von Vesuvio Solo mit ihren butterweichen Gitarren und den sanften Gesang mühelos entmachtet und der Weg frei gemacht für prachtvollen Soft-Rock à la Eagles oder Chicago und anschmeichelnden Sophisticated Pop – Prefab Sprout und Aztec Camera lassen grüssen – begleitet von ein wenig Slow Disco.

Sie verwischen mit ihrer Musik die Konturen des für uns klar Umrissenen und wir sind stattdessen immer mitten drin: In unseren Gefühlen. In unseren Tagträumen. In ihren gepflegten Schmusesounds. Woher wir kommen spielt keine Rolle und wohin es geht ebenfalls nicht – wir haben die Erinnerungen daran verloren. Sind wir musikalisch in den Siebzigern? Oder in den Achtzigern? Oder ist es doch der Soundtrack zum Heute? Egal. Wir tauchen stattdessen lieber einfach ein und lassen uns umspülen, weil das Strömen ihrer Sounds uns keine Grenzen setzt, die aber nötig wären, um erkennen zu können, wo wir uns genau befinden.
Benannt haben die beiden Musiker ihre Band, zu der für das zweite Album «Don’t Leave Me In The Dark» noch Zac Macarthur und Karneef hinzu gekommen sind, nach dem gleichnamigen Song des Synthesizer-Spezialisten Wally Badarou, der lange Zeit Musiker der britischen Band Level 42 war. So verschnarcht – bzw. entspannt – wie sein Song ist die Musik von Vesuvio Solo zum Glück jedoch nicht.
Es wird gerade Herbst und die Dunkelheit kommt. Wir können sie zwar nicht aufhalten, aber wer jetzt noch allein ist, muss es dank Vesuvio Solo nicht lange bleiben. Wer sich von ihnen begleiten lässt, dem gelingt stattdessen der Weg durch die dunkle Jahreszeit und wieder heraus mühelos, denn sie schicken die Regenwolken erstmal in die Warteschleife und halten uns Spannungen vom Leib. Auch wenn ein gewisses Gefühl bei Vesuvio Solo angeblich doch nur eine simple Kettenreaktion sein soll.
Wem dieses sehr kurze Album mit seinen neun Stücken von zusammen knapp 30 Minuten nicht ausreicht, der tut sich noch was Gutes und hängt ihr erstes Album „Favors“, das vor zwei Jahren erschienen ist, mit den Hits «Avion» und «Don’t Ask, Don’t Tell» ebenfalls an seine Playlist. Oder besucht eines der kurzen Intermezzi, für die Vesuvio Solo nach Berlin und Köln kommen.
Wie lange und auf welche Art und Weise die verheißungsvolle Dynamik der Musik Vesuvio Solos wirkt und wohin sie uns führt, liegt auch an uns. Springen wir also schnell auf und lassen wir uns beflügeln!
Vesuvio Solo auf Tour
18.10.2016 Köln – Acephale, Luxemburger Str. 46
19.10.2016 Berlin – Das Gift (DJ Set), Donaustrasse 119
20.10.2016 Berlin – Loophole, Boddinstr. 60
weitere Tourdaten für Europa und U.S.A. von Vesuvio Solo auf Vesuvio Solos Bandcamp-Account und Vesuvio Solos Facebook-Seite
Foto: Michael James/Atelier Ciseaux Records